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Warum die geforderte Verschärfung der Ruhezeiten für Lkw-Fahrer nur gut gemeint ist

Es ist ein Vorschlag, der die Transportbranche seit fast einem Jahr aufrüttelt. Geht es nach der EU-Kommission sollen Lkw-Fahrer ihre wöchentlichen Ruhezeiten von mindestens 45 Stunden schon bald nicht mehr in der Fahrerkabine verbringen.

Das passt perfekt. Also nicht die vorgeschlagene Richtlinie, sondern das Verhältnis von Politik und gut gemeinten Ideen. Gibt man bei Google die bruchstückhafte Suchanfrage „gut gemeint politik“ ein, erhält man als Ergebnis unzählige Berichte und Artikel über politische Entscheidungen, die nicht das bewirkt haben, was sie eigentlich sollten … Einfach mal ausprobieren – man erhält ein vielsagendes zeitgeschichtliches Dossier mangelhaft durchdachter Konzepte.

Und auch jener verschärfte Ruhezeiten-Vorschlag scheint mehr gut gemeint als gut gemacht zu sein. Kern dieser Idee ist, wie geschrieben, das angestrebte Ziel, dass Kraftfahrer eine wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden (oder mehr) nicht in einem Fahrzeug verbringen dürfen und dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine geeignete Unterkunft mit angemessenen Schlafgelegenheiten und sanitären Einrichtungen bereitzustellen.

Erdacht wurde die Gesetzes-Ergänzung, um Verkehrsrisiken durch übermüdete Fernfahrer zu reduzieren. Auch die Arbeits- und Lebensqualität der Trucker soll hierdurch verbessert und die Wettbewerbsbedingungen des Fahrereinsatzes zwischen den EU-Ländern harmonisiert werden.

(c) Pixabay
Eine nur wenig malerische Realität – durch die geplante Änderung der Ruhezeiten kommt Unruhe auf (c) Pixabay

Zweifel an der Umsetzung

Das alles ist sehr löblich, aber Vertreter der internationalen Lkw-Transportwirtschaft glauben nicht an die Praktikabilität dieses EU-Kommissions-Entwurfes, müssten hierfür doch zig Tausende geeignete Schlafmöglichkeiten in Hotels und hotelähnlichen Unterkünften existieren. Und genau das ist nicht der Fall. Wie die Deutsche Verkehrs-Zeitung jüngst berichtet, halten sich hierzulande täglich 150.000 bis 160.000 Schwer-Lkw-Fahrer aus dem Ausland auf – und rund 30 Prozent dieser Fahrer verbringen in Deutschland einmal in der Woche ihre verlängerte Ruhezeit von mindestens 45 Stunden. Aktuell in ihren Kabinen. Das bedeutet also: einen zusätzlichen Bedarf von 50.000 Schlaf- und Parkmöglichkeiten. Die besondere Herausforderung ist hierbei nicht unbedingt die Quantität, sondern die Qualität. Denn viele Hotels und hotelähnliche Unterkünfte können nicht mit einem Lkw angefahren werden. Und bei entsprechenden Parkmöglichkeiten sieht es auch nicht besser aus. Ideal wären hier vielleicht unternehmenseigene Schlafstationen auf den jeweiligen Streckenabschnitten. Die gibt es zwar – aber nur vereinzelt und nur von finanzstarken Speditionen.

Was zum nächsten Punkt führt: die ökonomische Dimension. Auch diese wurde nicht ausreichend durchdacht. Laut des Hotel Price Index kostet eine Übernachtung in einem Hotel oder einer Pension in Deutschland durchschnittlich 90 Euro. Hinzu kommen Mehrkosten für die Versicherung der Schadens- und Diebstahlrisiken unbegleitet abgestellter Lastkraftwagen. Parkgebühren nicht zu vergessen. Und Kosten für entsprechende Umwege – Schlafunterkünfte müssen schließlich erst mal angefahren werden. Eine Disponierung der Fahrer in ihre Heimatländer – und damit verbundene Leerfahrten – scheint in diesem Kontext noch weniger umsetzbar zu sein. Insbesondere für kleine, weniger kapitalstarke Lkw-Transportunternehmen. Die Fahrer selbst hingegen befürchten, dass die erhöhten Ausgaben ihrer Arbeitgeber letztendlich an sie weitergereicht werden – in Form von geringeren Spesenvergütungen zum Beispiel.

Was bleibt … ist Ironie

Und mehr Fahrten – was die Konsequenz wäre – bedeuteten auch mehr Emissionen sowie ein erhöhtes Unfallrisiko aufgrund der dann zunehmenden Lkw-Dichte. Ironisch bis zynisch könnte man hier anmerken: Um die Verkehrsrisiken durch übermüdete Fernfahrer zu reduzieren, so hat sich die EU-Kommission gedacht, muss man einfach erhöhte Verkehrsrisiken durch ein zunehmendes Aufkommen von Lastkraftwagen in Kauf nehmen. Man muss …

Ob die Gesetzeserweiterung wirklich umgesetzt wird, ist daher fraglich. Hierfür müssten erst mal die Voraussetzungen geschaffen werden. Wir von der HDS International Group halten Sie auf dem Laufenden.

Über uns

Die HDS International Group verbessert seit über 13 Jahren die logistischen Prozesse ihrer Kunden, senkt Transportkosten und Emissionen. Über 1.000 Projekte haben wir erfolgreich begleitet. Wir verhandeln jährlich mehr als eine Milliarde Euro Frachtaufkommen und sind in den Bereichen der Rechnungsprüfung und Transparenzschaffung Marktführer in Europa. Über 100 mehrsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit langjähriger logistischer Expertise bilden unser Kapital.

Milena Sand

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