Emissionsfreie Kraftstoffe oder grüner Stahl sind Nischenprodukte: kaum Angebot, kaum Nachfrage. Multinationale Unternehmen wie DHL, Apple, Boeing wollen das nun ändern und die Produkte im großen Stil anbieten und einkaufen.
31 Weltkonzerne verpflichten sich selbst dazu, in großem Stil emissionsarme Treibstoffe, Rohstoffe und Fahrzeuge einzukaufen. Auf diese Weise wollen sie globale Märkte für diese bisher kaum verbreiteten Produkte schaffen. Die Unternehmen, die vor allem aus der Verkehrs-, Logistik- und Stahlbranche kommen, haben auf dem Weltklimagipfel in Glasgow die Gründung einer von ihnen so genannten „First Movers Coalition“ bekannt geben. „Das entscheidende Klimaziel von 1,5 Grad Celsius globaler Temperaturanstieg kann nur erreicht werden, wenn wir die Entwicklung und den Einsatz neuer Dekarbonisierungstechnologien beschleunigen“, heißt es in einem Statement zur Gründung. Zu den Teilnehmern gehören unter anderem Boeing, die US-Airlines United und Delta, Apple, Amazon sowie aus Deutschland die Deutsche Post DHL Group und der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen.
Logistikanbieter unter Druck
Die Selbstverpflichtung ist nicht nur PR oder Greenwashing. Mit ihr verfolgen die Teilnehmer auch kommerzielle Interessen. So werden Logistikanbieter von Großkunden wie Amazon zunehmend unter Druck gesetzt, klimaneutralen Transport anzubieten – weil diese Unternehmen ihrerseits gegenüber Endkunden mit Klimaneutralität werben. Oft aber sind solche Angebote kaum verfügbar. Die „First Movers Coalition“ will dies Problem jetzt lösen; bislang werden viele dieser klimafreundlicheren Rohstoffe und Güter nur in relativ kleinen Mengen zu entsprechend hohen Preisen hergestellt. Dieses geringe Angebot ist oft auch das Resultat geringer Nachfrage. Wenn sich nun aber abzeichnet, dass es künftig große Abnehmer für solche Produkte geben wird, dann wird es für Kapitalgeber interessant, große Summen in den Aufbau von Massenproduktion sowie in Forschung und Entwicklung zu investieren. Beides dürfte die neuen klimafreundlicheren Technologien wettbewerbsfähiger machen.
In der Luftfahrt versprechen Fluglinien wie Delta und United, bis 2030 mindestens fünf Prozent ihres Treibstoffbedarfs mit sogenannten „nachhaltigen Flugzeugtreibstoffen“ zu decken. Deren Treibhausgasemissionen müssen mindestens 85 Prozent
niedriger sein als bei herkömmlichem Kerosin.
In der Schifffahrt geloben die Logistikanbieter in der Koalition geloben, dass 2030 mindestens fünf Prozent ihrer Schiffe mit sogenanntem „Null-Emissions-Treibstoff“ fahren. Angeführt werden sie von der weltgrößten Containerreederei Maersk. Deren Chef Soren Skou forderte kürzlich sogar, von 2035 an neue Schiffe mit fossilen Antrieben komplett zu verbieten. Kunden wie etwa Apple oder Amazon setzen sich zum Ziel, dass 2030 mindestens zehn Prozent ihrer Güter auf Schiffen mit Null-Emissions-Treibstoffen transportiert werden. Diese Quote soll bis 2040 auf 100 Prozent steigen.
Im Straßengüterverkehr verpflichten sich die teilnehmenden Logistikanbieter wie etwa die Deutsche Post DHL Group, 2030 mindestens 30 Prozent ihrer schweren und sämtliche mittelschweren Lkw als sogenannte Null-Emissions-Fahrzeuge einzukaufen. Hierzu zählen Laster mit Batterie- oder Brennstoffzellenbetrieb. Denn ihre Kunden setzen sich zum Ziel, dass sie von all ihren Logistikpartnern verlangen werden, diese Verpflichtungen einzuhalten.
Und Stahlhersteller wie SSAB Swedish Steel und Abnehmer wie ZF Friedrichshafen versichern, dass bis 2030 mindestens zehn Prozent ihrer Stahlproduktion beziehungsweise Stahleinkäufe aus sogenanntem „Fast-Null-Emissions-Stahl“ bestehen. Dieser klimafreundlichere Stahl soll mit neuartigen, emissionsarmen Technologien hergestellt werden. Hierzu zählt die Koalition den Einsatz von Wasserstoff anstelle der üblichen Kokskohle, eine Elektrolyse-basierte Produktion – aber auch die Abscheidung und unterirdische Speicherung der bei der Herstellung angefallenen Treibhausgase.
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